Zahlreiche europäische Hilfsorganisationen haben die Bundesregierung aufgerufen, sich für schnelle und verbindliche Verfahren für die aus Seenot geretteten Flüchtlinge einzusetzen. Jedes Mal, wenn ein Schiff Geflohene im Mittelmeer gerettet habe, führten die EU-Regierungen quälende und langwierige Debatten darüber, wo das Schiff anlegen und welche Länder die Geretteten aufnehmen könnten, hieß es in einem am Freitag veröffentlichten offenen Brief an Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) und Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU).
Seit mehr als sechs Monaten versuchten die EU-Regierungen erfolglos, sich auf ein Verfahren zu einigen. Derweil seien seit Januar 2018 mindestens 2.500 Frauen, Kinder und Männer im Mittelmeer ertrunken.
Brief mit 40 Unterzeichnern
Dennoch übten europäische Regierungen unangemessenen Druck auf die privaten Organisationen aus, die im Mittelmeer Geflohene suchten und retteten, statt sie zu unterstützen, hieß es in dem Brief von knapp 40 Organisationen und Initiativen, darunter „Ärzte ohne Grenzen“, Oxfam und Pro Asyl. Auch die EU-Marinemission „Sophia“ laufe Gefahr, eingestellt zu werden, weil sich die Regierungen nicht darauf einigen könnten, wo die Geretteten von Bord gehen sollten.
Stattdessen würden die Menschen nach Libyen zurückgebracht, wo sie mit großer Wahrscheinlichkeit willkürlich inhaftiert, misshandelt, gefoltert oder in die Sklaverei verkauft würden, heißt es in dem Brief. Laut den UN seien 2018 über 15.000 Migranten nach Libyen zurückgebracht worden. Laut internationalem Recht sollten auf See gerettete Menschen jedoch an den nächsten sicheren Ort gebracht werden. Das Recht, Asyl zu suchen, sei in den Verträgen der EU ebenso verankert wie der Grundsatz der Nichtzurückweisung.
EU-Rat soll handeln
Vom EU-Rat für Justiz und Inneres, der am Donnerstag in Bukarest zu einem informellen Treffen zusammenkommt, fordern die Organisationen die Unterstützung von Such- und Rettungsaktionen im Mittelmeer, zügige und verlässliche Ausschiffungsregelungen und das Ende der Rückführungen nach Libyen. Angesichts der immer dramatischeren Situation im Mittelmeer müssten diese Maßnahmen umgehend ergriffen werden.
Zuletzt mussten 47 Flüchtlinge an Bord der „Sea-Watch 3“ zwölf Tage lang ausharren, bis sie am Donnerstag vergangener Woche in der italienischen Hafenstadt Catania an Land gehen konnten. Davor hatten die EU-Staaten tagelang über die Verteilung der Geretteten verhandelt. (epd/mig)
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